Sammeln von Muscheln vor Ort



Natürlich macht es Spaß, wenn man seine Schalenkollektion ausschließlich aus selbstgesammelten Stücken zusammentragen kann. Doch diese naheliegende und scheinbar selbstverständliche Methode ist leider nur selten anwendbar – aus verschiedenen Gründen:

1. Die Verbreitungsgebiete der sammelwürdigen Weichtiere sind so riesig und weitverstreut, daß kein normaler Sterblicher auch nur die wichtigsten selber aufsuchen kann.

2. Zahlreiche besonders begehrte Arten leben in unzugänglichen Regionen oder Meerestiefen und können nur von Experten geborgen werden, die über große Erfahrung und spezielle Ausrüstungen verfügen.

3. Art vielen einstmals sehr ergiebigen Fundorten sind die Bestände der für uns interessanten Mollusken rapide zurückgegangen. Das ist die Folge der allgemeinen Umweltzerstörung und auch des ständig anwachsenden Tourismus.

Der zuletzt genannte Grund ist der gewichtigste und betrüblichste. Die zahllosen Touristen, die alle Strände nah und fern überschwemmen, gefährden nicht nur die natürlichen Lebensräume der Meerestiere, sondern auch die Tierpopulationen gelbst, indem sie sich, ohne ernsthafte und verantwortungsbewußte Sammler zu sein, wahllos Schnecken und Muscheln aneignen und die toten „Souvenirs“„ dann irgendwo verrotten lassen. Die Strände von Hawaii und mancher karibischer Inseln, einst schier unerschöpfliche Dorados der Konchologen, sind nach Aussage einheimischer Kenner heute bereits weitgehend „leergefischt“. Diese unerfreulichen Zustände breiten sich immer weiter aus ünd werden bald auch die letzten Molluskenparadiese erfaßt haben.

Es soll nicht geleugnet werden, daß das Konchyliensammeln, zumal wenn es kommerziell im großen Stil betrieben wird, zu einer echten Bedrohung des ökologischen Gleichgewichts, ja zur Ausrottung einzelner Arten führen kann. Um so mehr sollten wir uns unserer Verpflichtung gegenüber den Geschöpfen unserer Erde bewußt sein, auch wenn es sich „nur“ um niedere Tiere handelt. Der wahre Sammler, der zugleich Naturfreund ist, übt stets Zurückhaltung und entnimmt der Natur nur das, was sie ohne Schaden für den Fortbestand der Arten entbehren kann.
Trotz allem bleibt das Selbersammeln ein gangbarer und besonders empfehlenswerter Weg, denn nur wer seine Schalen an Ort und Stelle sucht, gewinnt einen unmittelbaren Einblick in die Lebensbedingungen und Verhaltensweisen der betreffenden Tiere. Das gilt vor allem für Sammler, die sich auf eine engbegrenzte Region oder auf bestimmte Arten beschränken.
Es versteht sich, daß jeder Fund sofort einzeln verpackt und mit einer Ziffer markiert wird. Unter dieser Ziffer trägt man das Datum des Fundes sowie alle wesentlichen Angaben über die Fundstelle in ein mitgeführtes Notizbuch ein - zur späteren Auswertung und zur Beschriftung des endgültigen Etiketts.



Das Sammeln von Meeresmollusken

Die Ozeane der Erde, die Urheimat des Lebens, bergen in allen Schichten einen unermeßlichen Reichtum von Weichtieren. Für uns sind jedoch normalerweise nur die obersten Schichten zugänglich, insbesondere die Gezeitenzone (Eulitoral), also der Teil des Ufers, der von der Flut überspült wird und bei Ebbe trockenfällt.
An den Meeresstränden werden regelmäßig die Leerschalen abgestorbener Schnecken und Muscheln angespült, die freilich für den Sammler nur begrenzten Wert haben, weil sie im allgemeinen beschädigt, abgerollt und in den Farben verblaßt sind. Man sollte es sich von vornherein zur Gewohnheit machen, nur einwandfrei erhaltene Stücke in seine Sammlung aufzunehmen. Strenggenommen bedeutet dies, daß die Schalen „lebend gesammelt“ sein müssen. Doch ganz so rigoros wollen wir nicht sein. Auch unter dem Strandgut finden sich gelegentlich schöne Objekte, die aufzubewahren sich lohnt. Kein Molluskenliebhaber, der irgendwo am Meer Urlaub macht, wird darauf verzichten, den Strand vor seinem Hotel - oder besser noch die Strände, wo keine Hotels stehen - tagtäglich abzusuchen.

Sehr ertragreich ist eine Strandwanderung nach Eintritt der Ebbe oder nach einem Sturm, der vielleicht auch die eine oder andere seltenere Art ans Ufer geworfen hat. Felsige und abwechslungsreich gestaltete Küstenpartien sind gewöhnlich den monotonen Sand- und Schlammstränden vorzuziehen; die letzteren weisen zwar meist eine große Zahl von Individuen, aber nur wenige verschiedene Arten auf. Inselstrände sind durchweg ergiebiger als Festlandstrände.

Wer mühelos lebende Tiere erbeuten will, muß einen Schritt weitergehen, und zwar ins Meer hinein. Bei Ebbe watet man - mit festen Badeschuhen oder Gummistiefeln - im etwa knietiefen Wasser ganz langsam und vorsichtig am Ufer entlang und sucht dabei mit den Augen sorgfältig den Boden, die Steine und die Pflanzen ab.
Als Ausrüstung benötigt der Strandsammler Plastiktüten oder -behälter verschiedener Größe zur Unterbringung der Funde, einen stabilen (Klapp-)Spaten zum Aufgraben des Bodens und zum Umwenden größerer Steine, einen einfachen Kescher und Schreibzeug.
Das Sammeln in der Gezeitenzone erbringt, zumindest an den europäischen Stränden, gewöhnlich nur ziemlich langweiliges, gleichförmiges „Kleinzeug“. Aufregende Funde sind sehr seltene Glücksfälle. Der Sammler wird also bestrebt sein, zu den tieferen und interessanteren Meeresgründen vorzudringen. Das Schnorcheln ermöglicht es uns, wenigstens einen Teil der oberen Küstenzone (Sublitoral) zu sondieren, das an Mollusken besonders reich ist. In den Tropen, z. B. an der vielbesuchten ostafrikanischen Küste oder in der Karibik, kann man hier schon beachtliche Entdeckungen machen.
Ein Großteil der wirklich begehrten Schalenträger lebt freilich in noch tieferen Meeresschichten, die nur einem Taucher direkt zugänglich sind. Ein Sammler, der zugleich Gerätetaucher ist, hat Aussicht auf besonders reiche Ernte.