Magie und Religion


Die heilige Chank

Eine Meereschnecke, die sogenannte Hinduglocke oder Chank (Xancus pyrum) ist seit rund zwei jahrtausenden den frommen Indern heilig, weil sie mit dem Gott Vischnu in Verbindung gebracht wird. Ihre magisch-religiöse Bedeutung kann gar nicht überschätzt werden. Sie begleitet den Hindu durchs ganze Leben, wird in den Tempeln verehrt, in Bildwerken dargestellt und, mit einem Blasloch versehen, als kultisches Musikinstrument verwendet.

Besondere Kostbarkeiten sind die äußerst seltenen linksgewundenen Hinduglocken, die teuer bezahlt und mit Gold und edlen Steinen verziert werden. Bisher hat man angeblich erst knapp 300 linksgewundene Exemplare entdeckt, und nur eines unter mehr als 6 Millionen soll diese Abweichung aufweisen. Die normalen Schneckengehäuse sind – das sei hier angemerkt – durchweg rechtsgewunden, d. h. die Windungen verlaufen rechtsherum oder im Uhrzeigersinn, wenn man sie von der Spitze her betrachtet.

Linksgewundene Meeresschnecken sind ungewöhnlich rare Abnormitäten, nur eine Art, die amerikanische Blitzschnecke (Busycon contrarium), ist regelmäßig linksgewunden.



Die Pilgermuschel

Auch im Christentum hat eine Weichtierschale eine bedeutsame Rolle gespielt: die Jakobs- oder Pilgermuschel (Pecten jacobaeus), die im Mittelalter zum Sinnbild des Heiligen Jakobus wurde.


Damals war für die Pilger der Reiseweg ins Heilige Land abgeschnitten; sie zogen deshalb ersatzweise zum Grab des Apostels Jakobus im nordspanischen Santiago de Compostela. Am nahen Meer fanden sie die Jakobusmuschel in großer Fülle, was den Binnenlandbewohnern wie ein Wunder vorkam. Sie hefteten sich die Schalen zum Zeichen ihrer Pilgerschaft ans Gewand oder an den Hut.

Wahrscheinlich liegt hier jedoch ein zoologischer Irrtum vor. Die tatsächliche „Jakobsmuschel“ dürfte nicht Pecten jacobaeus, sondern eher Pecten maximus gewesen sein, eine sehr ähnliche größere Art, die auch Große Pilgermuschel heißt und inzwischen zur Ragoutschale heruntergekommen ist.